Die Heilung eines Besessenen
Meister, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht. Er ist von einem stummen Geist besessen. Mk 9,17
Identität
Frühe Pubertät
Lieber Charlie,
es ist nicht leicht, zwölf Jahre alt zu sein. Die anderen sind in diesem Alter sehr wichtig, man möchte gefallen, dazugehören. Dabei bist du gerade erst dabei, dich selbst zu entdecken, mit deinen Eigenheiten und Begabungen. Da lastet der Druck der anderen schwer.
Also entwickelst du vielleicht Strategien, dich zu behaupten: Du passt dich den anderen an, willst nur ja nicht auffallen. Oder du schottest dich den anderen gegenüber ab, lässt sie nicht an dich heran. Vielleicht hast du auch gelernt, dem Urteil der anderen zuvorzukommen mit einem coolen Spruch oder einer lustigen Geste. Das hilft. Es schützt vor Verletzung, wenn man jeder Situation gewachsen ist.
Aber, lass dir sagen, lieber Charlie: Wer sich anpasst, den nimmt man nicht mehr wahr. Wer sich abschottet, ist einsam. Wer den anderen zuvorkommt, erlebt kein Entgegenkommen. Nicht nur die Begegnung mit anderen wird verhindert, lieber Charlie, irgendwann verlierst du das Gefühl für dich selbst.
Rituale, die einmal geholfen haben, verselbstständigen sich. Manche Gewohnheiten sind eigentlich überfällig, Aber du gibst sie nicht auf. Denn aus der Stütze ist ein Zwang geworden. Die Angst setzt sich fest im Zwang. Und dann – verpasse diesen Moment nur ja nicht, lieber Charlie – ist Wandel dran!
Jeder Zwang birgt ein Geheimnis. Und verbirgt es. Es finden und sich ihm stellen, ist der erste Schritt. Was hat mir Angst gemacht? Und – bedroht es mich wirklich noch? Oder habe ich heute den Mut, zu mir zu stehen? Möchte ich nicht eigentlich stolz sein auf mich und den anderen Gelegenheit geben, mich kennenzulernen? Oder mir zu helfen, wenn ich sie brauche?
Nicht immer braucht es Wunder und Heilung, wie in der Geschichte von dem Jungen, der von einem stummen Geist besessen ist. Manchmal, lieber Charlie, wird der eigene Geist wieder lebendig und vernehmbar, wenn man sich die richtigen Freunde sucht, solche, die dich, Charlie, einfach mögen und die deine Schwächen annehmen können. Jesus war so einer. Deshalb lass dir sagen: Wenn du dich schwer tust, für dich passende Menschen zu finden, einer ist immer für dich da: GOTT. Er will, dass du frei bist, erlöst von allen Zwängen, dein Leben zu leben.